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deutrans 2

Es sei mir gestattet, zum Thema Deutransfahrer einige Gedanken zu äußern, ich bin über zwanzig Jahre für diese Spedition gefahren und habe einige der nachfolgend aufgeführten Zustände selbst erlebt.
Über die Fahrer wurde bisher schon einiges geschrieben und viel mehr noch geredet, aber niemand hat sich bisher Gedanken gemacht, hat sich geäußert über die Befindlichkeiten dieser Menschen. Sie haben eine Arbeit gemacht wie viele ander Kraftfahrer auch, nur mit dem Unterschied, daß sie bei ihrer Tätigkeit ins Ausland fuhren. Das machte sie bei nicht wenigen DDR-Bürgern manchmal schon zu Unpersonen. In ihrem Umfeld, auch bei den Kollegen im eigenem Betrieb hatten sie es mit Gerede über MfS-Mitarbeit, mit Neid, teilweise sogar mit Hass und Feindseligkeit zu tun. Wenn sie bei Gesprächen über ihre Arbeit mit der Realität argumentierten, Wartezeiten an Grenz-und Zollämtern, Zollprobleme, Reparaturen und Verständigunsprobleme im Ausland, hatten ihre Neider meist nur eine Entgegnung: "Aber ihr habt Westgeld".
Daß einige der Deutransfahrer haupt-oder nebenamtlich mit dem MfS zu tun hatten wird sicherlich stimmen, aber "bespitzelt" wurden die Fahrer in den meisten Fällen von Nachbarn, Kollegen und manchmal "guten Freunden", die etwas mitgebracht haben wollten. Es wurde genau beobachtet, ob die Frau oder die Kinder "Klamotten aus dem Westen" trugen oder ob die Kinder Schokolade oder Südfrüchte mit in die Schule brachten. Einige Eltern haben sich nicht entblödet, ihre Kinder aufzuhetzen. Sie sollten auf solche Dinge achten, wenn es an der Schule Kinder gab, deren Vater "in den Westen" fuhr.
Es war nicht nur die harte Arbeit, die oft lange Trennung von der Familie, es waren auch diese Gemeinheiten, die manche Fahrer dazu gebracht haben, diese Arbeit aufzugeben. Sie nahmen eine andere Tätigkeit im Betrieb auf, z.B. als Busfahrer oder wechselten den Beruf. Die Sucht nach dem "Westgeld" hat seltsame Blüten getrieben. Viele glaubten, daß mit diesem Geld alle Probleme zu lösen seien und waren später bitter enttäuscht, daß dadurch manche Probleme noch größer wurden.
Enttäuscht waren einige Fahrer auch von Leitungs-und Parteifunktionären. Sie waren vor dem 09.11.89. auf Tour gegangen und als sie nach dem 09.11. zurückkamen, hatten einige dieser "glühenden Kommunisten" ihre Gesinnung schon schneller gewechselt als ihre Unterwäsche.
Eine besondere Genugtuung bereitete die Tatsache, daß einige der größten Schreihälse, die alle verteufelten, die ins Ausland fuhren, nach der Wende die Segel strichen. Als sie jetzt fahren konnten und z.T. auch fahren mußten scheiterten sie an den Problemen, mit denen wir uns jahrelang herumgeschlagen haben ohne gleich aufzugeben. Eines der Hauptargumente für ihre Aufgabe: "die sprechen in Frankreich und Italien ja kein Deutsch". Der IQ ließ grüßen.

Kommentare

  • günter willers am 2012-Mar-04 11:54:55 schrieb günter willers:

    Genau so war es !!!

    Als Sohn eines ehemaligen Deutransfahrers kann ich nur sagen dem gibt es nichts hinzuzufügen.

    tolle Seite,

    viele Grüsse
  • tramp route66 am 2012-Jun-02 12:51:27 schrieb tramp route66:

    Sehr gut, danke für diese Zeilen. Dazu gibts nichts hinzuzufügen. Sehr viel Wahrheit steckt in diesen Zeilen, die keiner sieht oder sah. Mache bitte wieter so, sehr schöne Seite.
    Viele Grüße, Thomas
  • Frank Paschke am 2015-Feb-07 15:37:53 schrieb Frank Paschke:

    Ich habe vor einer Stunde die DVD DEUTRANS Berufskraftfahrer auf Achse angesehen. Endlich habe ich ein Forum zum Thema " Interzonefahrer" gefunden. Diesen Ausdruck wähle ich bewußt. Man nannte uns so, nie DEUTANS-Fahrer. Allerdings hätte ich ihn nie so ein Forum unter Glaskutscher vermutet. Ich war 11 Jahre mit Jelecz, Skoda und Liaz unterwegs. Überall dort, wo Volvo, Magirus und Mercedes hingefahren sind, war ich auch. Nur das da DEUTRANS nicht dranstand. Jeder der einen Einblick in die Materie hat, und wenn nicht, sage ich Euch das jetzt, weis das mindestens 2/3 des Fuhrparks aus diesen Fahrzeugtypen bestand. Leider wird das heute unter den Tisch gekehrt. Warum ist mir eigentlich unklar. Ohne zu prahlen möchte ich mich und meine Kumpels als die waren Helden der DEUTRANS bezeichnen. Unsere Autos haben nicht, wie in der DVD angesprochen, nach 1 Mio Kilometer das erste Mal einen Schraubenschlüssel gesehen. Leider. Ich habe auch ein paar Geschichten aufgeschrieben. Hat jemand Interesse?. Ich kann allerdings die Worte von Sigfried nur bestätigen. Jedes davon!. Ich denke nur an meinen Spintnachbarn. Nur Spitzen und Anfeindungen. Elf Jahre lang. Dann die erst Fahrt nach der Wende mit mir ins Ruhrgebiet. dort hat er geheult wie ein kleines Kind hinter dem Lenkrad, vor Angst. So etwas habe ich nur einmal in meiner Laufbahn erlebt. Kaum sind wir zu Hause gewesen, Hat er den Job als Kraftfahrer aufgegeben.
    Übrigens, ich war nieParteimitglieb und mich hat auch keiner jemals gefragt, ob ich das werden möchte, oder gar soll.
    Seid gegrüßt von Trucker Frank, der bald in Rente geht,
  • Siegfried Friedrich am 2015-Feb-12 09:52:52 schrieb Siegfried Friedrich:

    Lieber Trucker Frank, eine Antwort auf Deinen Kommentar findest Du im Forum unter der Rubrik Deutrans.
    Siegfried
  • Mathias Krause am 2015-Feb-20 18:58:38 schrieb Mathias Krause:

    Ich war zwar damals noch kein Berufskraftfahrer (bin es erst nach der Wende geworden) aber ich teile Deine Ansichten ..kann sie nur bestätigen. Leider ist es auch heutzutage noch so das auch in diesem System Kollegen bespitzelt und denunziert werden. Es hat mit dem Ende der DDR nicht aufgehört ..im Gegenteil. Damals war es der Neid wegen des "Westgeldes" heute geht es vor allem darum das peinlich aufgepasst wird das man nicht zuviele Überstunden "schiebt" ..oder ob man ein paar Cent mehr in der Tasche hat. Auch kritische Worte sind heutzutage beileibe nicht in jeder Firma gern gehört..auch wenn es durchaus vernünftige Ansichten sind..man wird in die Geschäftsleitung zitiert und darf sich noch eine Mahnung abholen ..Unwahrheiten zu unterlassen. Da kommt in einem schon ziemlich die Wut hoch und man fragt sich ..ist es wieder soweit das man seine Meinung nicht mehr frei äußern darf?

    Es hat in der Sache an sich nichts mit Deutrans zu tun bzw. indirekt. Aber deine offenen Worte liesen mich diese Zeilen schreiben.

    Ich wünsche Euch trotzdem viel Freude an unserem gemeinsamen Hobby!

    Viele Grüße aus Plauen

    Mathias

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